Entwickler BioWare unternimmt mit „Mass Effect Andromeda“ nicht nur einen fiktiven Neuanfang für die Menschheit, man wagt auch einen realen Neuanfang für die Serie an sich. Doch ist dieser Plan letztendlich aufgegangen? Wir haben es getestet und verraten euch unseren Eindruck!
Dass das Unterfangen sehr gewagt ist, war bereits im Vorfeld vielen Spielern und auch der Fachpresse bewusst. Vor allem das Fehlen von Commander Shepard, der sich in den letzten Jahren fest in die Herzen verangert hat, sorgte für eine stellenweise sehr skeptische Haltung. Demgegenüber steht der Mut der Entwickler, etwas Neues zu probieren, was leider nicht selbstverständlich ist. Folglich zeichneten wir uns im Vorfeld durch gemischte Gefühle aus. Nach etlichen Stunden in den Tiefen der Andromeda-Galaxie können wir uns aber endlich eine finale Meinung bilden, die wir gern mit euch teilen würden.
Bevor wir ins Detail gehen, möchten wir aber die Rahmenbedingung kurz klären. Wie gesagt befindet man sich in der Andromeda-Galaxie, wo der Mensch einen Außerirdischen darstellt. Aus diesem Grund steht Feindseligkeit recht weit oben auf der Liste der zu beachtenden Dinge. Wir müssen jedoch darüber hinwegsehen und unsere Mission verfolgen. Immerhin sollen wir als Anführer einer militärischen Gruppe eine neue Heimat für den Rest der Menschheit sowie für die anderen drei großen Rassen finden.
Wirklich ein Neuanfang
Denken die Spieler an das Ende von „Mass Effect 3“ zurück, diskutieren sie viel und sind sich nicht einig, ob es gut oder schlecht war. BioWare ist sich dem bewusst und geht auf das große Finale in der Fortsetzung erst gar nicht ein. Das liegt schlichtweg an der sogenannten Andromeda Initiative, die schon zur Zeit von „Mass Effect 2“ ins große Ungewisse aufbricht. Ein einfacher und gleichzeitig genialer Ansatz dem Problemfeld aus dem Weg zu gehen. Gleichzeitig lässt man quasi alles, was einem vertraut ist, hinter sich und tritt in eine neue Welt ein. Jedoch wirkt vieles letztendlich vertraut. Eingefleischte Hardcore-Fans werden eventuell etwas enttäuscht sein. Völlig fremdartig kann die neue Umgebung aber theoretisch gar nicht sein. Schließlich sucht man ein neues Zuhause, das eben bestimmte Elemente haben muss. Und so vermittelt die Vertrautheit ein wenig Enttäuschung, besitzt zweifellos aber seine Rechtfertigung.
Nichtsdestotrotz kann man sich schnell in die neuen Welten von „Mass Effect Andromeda“ verlieben. Egal ob ein mit Eis überdeckter Planet oder eine Tot bringende Wüste, vieles sieht echt traumhaft aus. Die Entwickler haben es wirklich geschafft, einen gewissen Charme zu versprühen. Aber auch die Reise durch die schwarze Unendlichkeit präsentiert sich immer wieder mit fantastischen Bildern. Zusammenfassend wird eine exzellente Atmosphäre kreiert, der man den Neubeginn und die Notwendigkeit der Erforschung wirklich abkauft. Ebenfalls lobenswert sind die Entscheidungen, die man im Verlauf der Geschichte trifft. Denn auch wenn deren Folgen hauptsächlich zum Ende ersichtlich werden, sind sie letztendlich zu finden. Somit haben sie wirklich einen Sinn und eiert nicht einfach so irgendwo rum.
Schießen statt Sprechen
Blickt man auch die Spielmechanik, hat sich nicht wirklich etwas verändert. Auch „Mass Effect Andromeda“ stellt eine Mischung aus Rollenspiel und Shooter dar, wobei Letzteres eindeutig überwiegt. Das Schießen ist hierbei solide umgesetzt und funktioniert folglich problemlos. Spannend ist vor allem das neue Jetpack, das frischen Schwung in die Kämpfe bringt und gleichzeitig für eine neue Dynamik sorgt. Etwas zu kurz kommt unserer Meinung nach die taktische Seite des Titels. Man hat zwar die Möglichkeit, eine feindliche Basis aus großer Distanz unter Beschuss zu nehmen, aufgrund der stellenweise rauen Umwelteinflüsse, zieht man es vor, quasi in den Nahkampf zu gehen. Es läuft daher darauf hinaus, dass man die Gegner frontal angreift. Glücklicherweise machen sie es uns nicht immer einfach. Komplett verblödet ist die KI nämlich nicht. Und so kann man sich immer wieder über eine kleine Herausforderung freuen. Das sorgt selbstverständlich für einen angenehmen Spaßfaktor.
Ein wenig Hilfe leisten obendrein die eigenen Crew-Mitglieder, die aber im Großen und Ganzen eher für eine Ablenkung der Gegner sorgen. Den Eindruck eines koordinierten Angriffes hat man leider selten. Dass ist insoweit schade, da aus diesem Grund auch allein hätte losziehen können. BioWare hat hier eindeutig Potenzial verschenkt. Gemischte Gefühle gibt es zudem beim Rollensystem, dank dem ihr im Kampf auf drei Fähigkeiten zugreifen könnte. Möchte man andere nutzen, muss man sich zunächst durch das Menü klicken. Zwar überlegt man sich im Vorfeld genau, was einem zur Verfügung stehen soll, umständlich ist die Angelegenheit trotzdem.
Weniger umständlich, dafür aber umfangreich ist die Ausrüstung. So kann der Spieler bis zu vier verschiedene Waffen in die Slots packen. Es spielt keine Rolle, ob diese Hilfsmittel beispielsweise ausschließlich aus Pistolen bestehen. Man kann alles nach Belieben anpassen. Das trifft ebenfalls für die Rüstung zu. BioWare hat eine große Anzahl an unterschiedlichen Teilen kreiert, die sich durch mehrere Werte wie zum Beispiel im Schaden von einander unterscheiden. Zu finden ist die besagte Ausrüstung meist bei gefallenen Gegnern. Man kann sie aber auch kaufen oder sogar selbst herstellen.
Eine Vielzahl an schönen Nebenaufgaben
Wie viele andere Titel gibt es in „Mass Effect Andromeda“ abseits der Hauptstory unzählige Nebengeschichten. Diese erzählen meist in sich geschlossene Handlungen, fügen sich aber selten in den Gesamtkontext ein. Im Grunde ist das ein typisches Phänomen, das oft durch ein immer wieder identisch ablaufendes Schema gekennzeichnet ist. Hier ist das jedoch nicht der Fall. Wir waren kaum von irgendwelchen Aufgaben genervt. Es herrscht schon eine gewisse Vielfalt vor, was die Nebenaufgaben natürlich auch interessant macht. Vor allem die Missionen, die speziell auf die einzelnen Crewmitglieder bezogen sind, stechen aus der Masse hervor. Denn jeder Charakter verfügt über einen individuellen Grund, warum er überhaupt mit an Bord ist. Das macht die Sache nicht nur spannend, man baut auch ein gewisse Beziehung zu den Wegbereitern auf. Schade ist dagegen, dass die eigentliche Hauptstory selten wirklich zur Geltung kommt, weshalb sie letztendlich tendenziell schwach ausfällt. Zumindest wurden wir nicht komplett überzeugt.
Mängel haben wir auch beim wichtigen Dialog-System gefunden, das schlichtweg nicht tiefgründig genug ist. Insbesondere die Möglichkeit, ein richtiges Arschloch zu sein, fehlt im Sci-Fi-Abenteuer völlig. Auch die einzelnen Antwort-Optionen lassen nicht immer den gewünschten Weg zu. Ein kompletter Reinfall sind die Dialoge jedoch nicht. Die Entwickler stellen definitiv eine große Auswahl an Antworten zur Verfügung.
Technisch ein Reinfall?
Es sollte vielen Spielern bereits aufgefallen sein, dass „Mass Effect Andromeda“ keineswegs mit einer exzellenten Technik punkten kann. Arbeiten wir uns Stück für Stück durch diesen Bereich und beginnen mit der Sprachausgabe. Für Pluspunkte sorgt der Umstand, dass die NPC euch sogar mit Namen ansprechen, sofern ihr euch für den Standardnamen entschieden habt. Auch abseits des Geschehens gibt es immer wieder Gespräche, die für eine schöne Atmosphäre sorgen. Betrachtet man aber die gesamte Synchronisation, kann die deutsche Fassung kaum überzeugen. Es sind Fehler zu finden und die Persönlichkeit der Charaktere entfaltet sich nur selten. Da kann die englische Sprachausgabe deutlich mehr bieten.
Deutlich schlimmer sind aber die Animationen. Es gibt zahlreiche Glitches, massenhaft Bugs und Texturen laden oft viel zu langsam. Obendrein wirken viele Charaktere nicht wirklich lebendig. Während unserer Testphase haben die Entwickler zwar bereits Verbesserungen nachgeliefert, wirklich überzeugt sind wir aber weiterhin nicht. An sehr belebten Orten haben wir zudem oftmals Einbrüche bei der Framerate bemerkt, sodass man nicht von konstanten 30 FPS sprechen kann. Und auch die PlayStation 4 Pro macht derartige Mängel nicht immer weg. Extrem nervig ist es, wenn das Spiel plötzlich einfriert und die einzige Lösung ein kompletter Neustart ist. Das ist in der Gesamtheit einfach zu viel für ein angeblich fertiges Videospiel.
Ebenfalls an Bord: Mehrspieler
Abseits der Story kann man mit bis zu vier Spieler in einem kooperativen Multiplayer verschiedene Missionen erledigen. Hierbei verkörpert man einen Elitesoldaten der APEX-Miliz. Im direkten Vergleich zum Singeplayer gibt es hier aber bestimmte Klassen, die über gewisse Fähigkeiten verfügen. Durch das bloße Spielen erhält man Erfahrungspunkte, dank denen man im Level aufsteigt. Hinzu gesellen sich Skillpunkte, die die Fähigkeiten verbessern. Uns gefällt vor allem der thematische Bezug zum Einzelspieler-Bereich des Titels. Alles in allem wirkt der Mehrspieler aber nur wie ein kleines zusätzliches Feature, das aber durchaus Spaß machen kann.
Fazit
Also was ist „Mass Effect Andromeda“? Ein Reinfall? Ein Neueinfang? Der Sci-Fi-Titel ist weder das eine noch das andere. Es weist zwar viele Mängel auf, besonders bei der Technik, ein kompletter Reinfall ist es aber auch nicht. Denn vor allem die Schauplätze können überzeugen und Spaß macht es ebenfalls. Trotz Neuanfang fühlt sich das Spiel in vielen Situationen sehr vertraut an. An wirklich innovativen Elementen haben sich die Mannen von BioWare wohl nicht herangewagt, was sehr schade ist. Immerhin wäre es doch die perfekte Gelegenheit gewesen. Zusammenfassend können wir sagen, dass „Mass Effect Andromeda“ nicht unsere Erwartungen erfüllt, aber auch kein Totalausfall ist. Unserer Meinung nach sollten noch unentschlossene Spieler abwarten und den Titel zu einem späteren Zeitpunkt kaufen. Dann ist er nicht nur preiswerter, sondern hoffentlich auch ausgereifter.
Offizielle Produktbeschreibung
Mass Effect Andromeda führt Sie in die Andromeda-Galaxie fernab der Milchstraße. Dort suchen Sie in einer feindseligen Galaxie, in der WIR die Aliens sind, nach einer neuen Heimat und kämpfen gegen eine tödliche Spezies, die alles daransetzt, Sie aufzuhalten.
Spielen Sie den Pathfinder, den Anführer einer Gruppe militärisch ausgebildeter Forscher, und nutzen Sie ein umfassendes Fortschritts- und Anpassungssystem, um allen Widrigkeiten zu trotzen. Eröffnen Sie das nächste Kapitel der Menschheitsgeschichte und sichern Sie mit Ihren Entscheidungen im Spiel unser Überleben in der Andromeda-Galaxie.
Während Sie die Geheimnisse der Andromeda-Galaxie lüften, ruht die Hoffnung der Menschheit auf Ihren Schultern und Sie müssen sich fragen … Wie weit werden Sie gehen, um unser Überleben zu sichern?