Mit „Prey“ ist inzwischen eine neue Triple-A-Produktion auf dem Markt erhältlich, die mal wieder auf ein Sci-Fi-Setting setzt, aber dennoch total gegen den Strom schwimmt. Ob der Titel ein absoluter Pflichtkauf ist, verraten wir euch in unserer Review.
Während andere Entwickler eher zurückrudern und das futuristische Setting verlassen, setzt man bei „Prey“ gezielt darauf. Vielleicht ist genau das der Grund dafür, dass der Titel etwas unterging. Die Spieler hatten ihn nicht wirklich auf dem Schirm gehabt. Eventuell lag es auch an der Marketing-Abteilung, die einiges verbockt hat. Die Maßnahme, eine Demo anzubieten, in der man die erste Stunde spielen kann, ging ordentlich nach hinten los. Denn sobald man die Vollversion in Angriff nimmt, ist der Anfang logischerweise total langweilig. Schließlich kennt man bereits alles. Hinzu kommt, dass der Titel zunächst eine gewisse Zeit braucht, um in Fahrt zu kommen. Auch die zahlreichen Gameplay-Videos im Vorfeld waren nicht wirklich durchdacht. Eine Vielzahl wurde vorab einfach gespoilert. Kurzum, in der Zeit vor der offiziellen Veröffentlichung hatte es „Prey“ nicht gerade leicht. Eigentlich schade. Denn dergleichen schädigt stets die Kaufbereitschaft der Spieler. Und genau das hat das Sci-Fi-Spiel nicht verdient. Es ist nämlich extrem gut. Aber arbeiten wir uns Stück für Stück durch die Thematik.
Unsere eigene Geschichte!?
Als Spieler schlüpft man in die Rolle von Morgan Yu (man kann auch einen weiblichen Charakter wählen), der sich auf der Talos-I befindet. Hierbei handelt es sich um eine riesige Raumstation, die im Orbit des Mondes zu finden ist. Eigentlich führen die Menschen dort verschiedene Experimente durch, doch die Station wurde von feindseligen Aliens überrannt und nichts ist mehr so, wie es scheint. Ausgestattet mit besonderen Fähigkeiten liegt es nun an uns, herauszufinden was passiert ist und das Schicksal der Menschheit zu retten. Dabei stehen nicht nur Kämpfe im Mittelpunkt, auch das Erkunden und das Lösen von Rätseln spielen eine entscheidende Rolle.
Es gibt zwar einen festen Handlungsstrang, das große Ganze müssen wir uns aber selbst zusammenpuzzeln. Zu Beginn weiß man nämlich nicht, was überhaupt passiert ist. Und so erforscht man seine Umgebung und versucht, mehr zu erfahren. Besonders spannend ist die spielerische Freiheit. Denn man kann beispielsweise E-Mails lesen, wozu man allerdings nicht verpflichtet ist. Nichtsdestotrotz empfiehlt sich dieser Schritt. Immerhin erfährt man auf diese Weise eine Vielzahl an interessanten und stellenweise auch nützlichen Details, die einem kurz- oder langfristig weiterhelfen können. Aber auch das Verständnis über die aktuelle Situation wächst kontinuierlich an.
Die Unwissenheit sorgt obendrein dafür, dass wir uns sehr vorsichtig durch die Welt bewegen. Jeden Moment könnte irgendetwas passieren, womit wir nicht gerechnet haben. Somit erzeugen die Entwickler eine gewisse Anspannung beim Spieler und überraschen immer wieder mit einem Schockmoment. Zwar würden wir nicht soweit gehen, „Prey“ als ein klassischen Horror-Spiel zu bezeichnet, ein fröhliches Blumenpflücken ist es aber auch nicht. Es ist vielmehr ein gezielter Einsatz von Furcht, der dem Shooter eine interessante Note verleiht.
Alle Macht den Waffen!
Ihr habt richtig gelesen. Das Sci-Fi-Abenteuer ist streng genommen ein Shooter und wie es sich für einen Shooter gehört, wird fleißig geschossen. Allerdings sucht man stumpfes Geballer vergebens. Vielmehr setzt der Titel auf einen gezielten Einsatz und belohnt beispielsweise auch ein leises Anschleichen an den Feind. Dass ergibt soweit auch Sinn, da wir nicht mehr das Sagen auf der Talos-I haben. Sie wurde ja schließlich von den Aliens überrannt. Daher kommt uns das grundlegende Prinzip sehr entgegen und wir kaufen es den Entwicklern ab, was sie hier erschaffen haben. So ist es keineswegs verwunderlich, dass unsere Waffen in den ersten Stunden sehr schwach sind. Eine Rohrzange war noch nie ein gutes Hilfsmittel, wenn man von fiesen Viechern umzingelt ist. Nach und nach erlangt man dann aber bessere Waffen und Ausrüstungsgegenstände, die zwar nützlich sind, aber nur in beschränkter Stückzahl vorliegen. Und vor allem an dieser Stelle wird deutlich, dass „Prey“ nicht nur auf das Survival-Element setzt, sondern auch verdammt hart zum Spieler sein kann. Wer nicht gut wirtschaftet, geht gnadenlos unter.
Um der wachsenden Herausforderung etwas entgegensetzen zu können, besteht die Möglichkeit, die Waffen mittels Modifikationen zu verbessern. Jedoch müssen diese bzw. deren Blaupausen erst gefunden werden. Wer also mit offenen Augen durch die Spielwelt läuft, wird auch belohnt. Besonders wenn man berücksichtigt, dass euch das Spiel nicht direkt zu einer Blaupause leitet. Durchdachtes Vorgehen steht eindeutig im Mittelpunkt und als Spieler muss man daher Geduld mitbringen. Wer einfach nur stur durchrennen will, bekommt schnell ein richtiges Problem.
Schau mir in die Augen, Baby!
Wenn wir schon bei nützlichen Spielzeugen sind, sollten wir unbedingt auf die Neuromods eingehen. „Prey“ besitzt nämlich kein übliches Erfahrungssystem, wie man es aus anderen Titeln kennt. Vielmehr setzen die Entwickler auf spezielle Fähigkeiten, die sich unser Protagonist mit Hilfe von Implantaten aneignet. Diese rammt er sich einfach ins Auge und schon kann der Spaß losgehen. Somit haben wir beispielsweise eine verbesserte Stärke oder die Gesundheit regeneriert sich schneller – also klassische Vorteile. Es gibt aber auch Mods, die die Fertigkeiten fürs Hacken, Reparieren etc. optimieren. Am spannendsten sind die eindeutig mächtigeren Alien-Implantate, die gewisse Superfähigkeiten mit sich bringen. Übermächtig wird man hierdurch nicht. Die Systeme registrieren euch beim Einsatz als Alien und greifen euch daher an. Ein eleganter Schachzug der Entwickler. So balanciert man nämlich ausgesprochen gut auf dem dünnen Grat zwischen Leichtigkeit und Herausforderung.
Passend zum Thema: Unser Trophy Guide zu „Prey“
Und so sind wir erneut beim Punkt angelangt, wo deutlich wird, dass „Prey“ es nicht immer gut mit dem Spieler meint. Ganz im Gegenteil. Man muss vieles durchdenken und abwägen, ob die Mod wirklich Sinn macht oder nicht. Es gibt stets Vor- und Nachteile. Aber auch wenn man glaubt, einen guten Weg gewählt zu haben, wird man regelmäßig zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Das äußert sich beispielsweise darin, dass ein Gegner plötzlich lediglich einen Hit braucht, um uns ins virtuelle Jenseits zu hauen. Auch wenn man dann etwas irritiert und fassungslos auf den Bildschirm schaut, ist der Titel in keinster Weise extrem unfair.
Was wohl hinter der Tür ist?
Bevor wir abschließend auf die technische Seite eingehen, werfen wir lieber einen Blick auf Spielwelt. Zwar haben wir diesen Punkt bereits zu Beginn ein wenig angeschnitten, die Umgebung der Talos-I verdient aber eine eigene Unterüberschrift und somit einen eigenen Abschnitt innerhalb dieser Review. Zugegeben, uns fehlt das entsprechende Fachwissen, um einschätzen zu können, wie realistisch die Raumstation ist, aber es wirkt in sich stimmig. Die einzelnen Decks aus Forschungs-, Freizeit- und Schlafbereichen sowie die Maschinenräume erzeugen ein einheitliches Gebilde. So hat man als Spieler nicht den Eindruck, lediglich irgendein Level zu spielen. Vielmehr bewegt man sich in einer großen Welt. Man darf sogar mal nach draußen in die Unendlichkeit des Weltraums, der hier selbstverständlich doch endlich ist, also eine begrenzte Größe vorweist. Eigentlich logisch.
Was uns sehr gefällt ist die Liebe zum Detail. Auch wenn die Orte inzwischen verlassen sind, sehen sie tatsächlich so aus, als hätte hier mal jemand gearbeitet. Es wirkt einfach in sich stimmig. Zudem kann man die zahlreichen alternativen Wege loben. Nehmen wir als Beispiel eine verschlossene Tür. Man könnte durch den Luftungsschacht kriechen. Jedoch reicht unsere Stärke nicht aus, um die Platte, die den Eingang blockiert, zu bewegen. Okay, dann hackt man eben die olle Tür. Aber auch hier mangelt es an der notwendigen Fähigkeit. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als den Zugangscode zu suchen. Tja, viel Spaß dabei. Der Code kann theoretisch überall sein.
Ein wenig Verbesserungsbedarf
Obwohl es bislang verdammt gut für „Prey“ lief, ist der Titel nicht ganz perfekt. Denn sobald man auf die Technik des Sci-Fi-Shooters schaut, werde gewisse Mängel sichtbar. So haben die Konsolen und somit auch die PlayStation 4 mit stellenweise eher schwachen Texturen zu kämpfen. Gut zu sehen ist das beim Gras, das nicht wirklich überzeugen will. Aber keine Sorge. Man erkennt, dass es sich hierbei um Gras handelt. Verbesserungsbedarf sehen wir zudem bei der Mimik der Charaktere. Es fehlt schlichtweg die Liebe zum Detail. Im Laufe unserer Testphase sind wir außerdem auf etwas längere Ladezeiten sowie auf gelegentliche Probleme bei der Bildwiederholrate gestoßen. Im Großen und Ganzen kann die CryEngine aber eine solide Leistung abliefern. Insbesondere größere Areale werden problemlos dargestellt.
Beim Sound sind wir uns dagegen etwas uneinig. Zwar ist er in sich stimmig, untermalt die jeweilige Situation ganz gut und befindet sich auch auf einem hohen Niveau, etwas Besonderes liegt aber dann doch nicht vor. Es fehlt das brillante i-Tüpfelchen. Etwas nachbessern sollte die Entwickler aber bei der Musik, die standardmäßig einfach zu laut ist. So sollte man als Spieler vorab die Einstellungen entsprechend anpassen.
Fazit
„Prey“ ist zweifellos kein einfaches Spiel, dafür aber perfekt umgesetzt. Die Mischung auf Survival, Horror und Science-Fiction ist super gelungen und lässt den Titel im ersten Moment gar nicht wie einen Shooter wirken. Vor allem die Vielzahl an alternativen Wegen und der Fakt, dass der Spieler vieles selbst in die Hand nehmen muss, macht „Prey“ so interessant. Ein wohl überlegtes Vorgehen ist einfach ein Muss. Und da man zusätzlich eine Menge an Geduld mitbringen muss, kann der Titel auch über einen längeren Zeitpunkt hinweg für Beschäftigung sorgen. Okay, bei der Technik hätte etwas mehr drin sein können, aber welches Spiel ist schon perfekt? Wer auf ein derartiges Setting steht, sollte unbedingt zuschlagen!
Einfach ein geiles Game. Anfangs war ich skeptisch, weil ich lieber zum 1. Teil einen Nachfolger gehabt hätte. Aber der neue Teil kann sich sehen lassen.
Spielt sich gut