Mit Anthem präsentiert uns BioWare ihr neuestes Projekt, das sich durch ein kooperatives Gameplay sowie massenhaft Loot auszeichnen und über mehrere Jahre unterstützt werden soll. Doch lohnt es sich, ins Spiel zu investieren und sich in ein neues Abenteuer zu stürzen? Wir haben Anthem getestet!
Das große Highlight 2019 scheint Anthem nun nicht zu sein. Zumindest bewertet die Fachpresse das Spiel mit eher mittelmäßigen Noten und auf Seiten der Spieler ist man entweder begeistert oder enttäuscht. Da wir uns aber selbst ein Bild von der Thematik machen wollen, haben wir uns nicht beeinflussen lassen und sind möglichst neutral in den Test gestartet. Was dabei herausgekommen ist, verraten wir euch in den folgenden Zeilen.
Bevor wir aber ins Detail gehen, wollen wir zunächst einen groben Überblick über Anthem geben. Im Spiel kämpft man sich zusammen mit bis zu drei weiteren Spielern durch Horden an computergesteuerten Gegnern und kann dabei auf einen sogenannten Javelin-Kampfanzug zurückgreifen. Abhängig von der Wahl des Anzuges kann man sich über verschiedene Vor- aber auch Nachteile freuen. Letztendlich läuft es aber auf actionreiche und imposant inszenierte Feuergefechte hinaus. Zudem gibt es allerhand Loot zu sammeln und Live-Events sollen langfristig für genügend Abwechslung sorgen.
Spannend Welt mit viel Potenzial
Bereits nach kurzer Zeit wird einem bewusst, dass sich BioWare beim Entwerfen der Spielwelt sehr viel Mühe gegeben hat. Man kann sich auf abwechslungsreiche Regionen freuen und vor allem das grundlegende Setting wirkt extrem cool. Schließlich bewegt man sich als High-Tech-Soldat durch eine Fantasy-Welt und erlebt dabei eine Geschichte. Diese ist allerdings eher unspektakulär. Zwar verfügt sie über gute Ansätze, darüber hinweg schafft es BioWare allerdings nicht. Vor allem unter Berücksichtigung anderer Titel, die die Entwickler bereits veröffentlicht haben, ist Anthem in dieser Hinsicht sogar eine Enttäuschung. Die einzelnen Missionen erzählen nur selten eine spannende Geschichte, wir können die Handlung in keiner Form beeinflussen und über einen Tiefgang verfügen weder Charaktere noch die Welt an sich.
Dieser Umstand führt dazu, dass die anfängliche Begeisterung schnell in Enttäuschung übergehen kann. Was zu Beginn vielversprechend wirkt, wird im folgenden Verlauf nicht ausgebaut. Schade ist vor allem, dass zahlreiche Informationen in den Menüs versteckt sind. Wer aufmerksam durch die Bibliothek blättert, erfährt nämlich allerhand. Im Gameplay wird darauf aber kaum eingegangen. Möglicherweise klammern wir uns zu sehr an den bisherigen Leistungen von BioWare. Vielleicht sollten wir Anthem nicht als ein Spiel mit einer Geschichte betrachten, sondern lediglich als einen schlichten Shooter. Ein Shooter, wo es lediglich darum geht, möglichst viele Gegner über den Haufen zu ballern und extrem viel Loot zu sammeln. Ein derartiges Spiel ist keineswegs schlecht. Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, was man hier kauft.
Zu schlichtes Leveldesign
So ein Loot-Shooter benötigt nicht zwangsläufig extrem komplexe und spannende Missionen. Schließlich wollen wir vorrangig Loot sammeln. Allerdings sollten man diesen Bereich nicht zu stark vernachlässigen. In Anthem verfällt man nämlich sehr schnell in eine Routine. Nach der Auswahl einer Mission, geht man in die Open World, reist zum Zielort und vernichten dort alle Gegner. Wirklich abwechslungsreich ist das nicht.
Außerdem kann man verschiedene Nebenaufträge erfüllen, die aber auch von Ubisoft stammen könnten. Schließe Weltereignisse ab oder öffnen eine bestimmte Anzahl an Kisten – ähnlich wie bei den Hauptmissionen mangelt es hier an Abwechslung. Und das Durchführen von beispielsweise 100 Nahkampf-Skills oder das Eliminieren von 100 Gegner macht man eher nebenbei und nimmt solche Aufträge daher kaum bewusst war. Besonders nervig ist es übrigens, wenn das Vorankommen innerhalb der Story an das Abschließen der Nebenaufträge geknüpft ist. In solch einer Situation kann die Angelegenheit nicht nur monoton, sondern auch sehr nervig sein.
Immer her damit!
Schauen wir uns nun den Loot von Anthem genauer an. Die Spieler können sich auf zahlreiche Waffen und weitere Ausrüstungsgegenstände freuen, die wir zunächst finden und danach in der Schmiede ausrüsten müssen. In gewohnter Manier verfügen die Gegenstände über verschiedene Werte, Vor- und Nachteile. Das führt dazu, dass man stellenweise etwas Zeit in seine Ausrüstung investieren muss, indem man zunächst seine neuen Schätze mit der bisherigen Ausstattung vergleicht. Das ist genau das, was wir für ein derartiges Spiel erwarten und in den ersten Stunden kommt man zweifellos auf seine Kosten.
Im späteren Verlauf mangelt es aber leider an interessantem End-Game-Loot. Man wird kaum animiert, sich erneut ins Abenteuer zu stürzen, um bessere Ausrüstung zu erhalten. Somit kämpft Anthem mit Problemen, mit denen bereits zahlreiche Titel zuvor konfrontiert waren. An dieser Stelle könnte man argumentieren, dass weitere Inhalte kontinuierlich nachgereicht werden. Wenn man aber bereits jetzt keine Motivation mehr hat, wird sich daran künftig kaum etwas ändern.
Was BioWare aber sehr gut umgesetzt hat, ist die Tatsache, dass man in Anthem sehr viel individualisieren kann. Das beginnt bei der Ausrüstung, geht über verschiedene Farben der Kampfanzüge und endet bei Mikrotransaktionen. Die Ingame-Käufe ermöglichen aber lediglich, kosmetische Items zu kaufen, sodass definitiv keine Pay-2-Win-Situation vorliegt. Darüber hinaus haben wir uns nie genötigt gefühlt, unbedingt etwas aus dem Ingame-Shop zu kaufen.
Actionreiche Kämpfe
Kommen wir zu einer Angelegenheit, die ihren Zweck auf ganzer Linie erfüllt. Die Kämpfe in Anthem sind actiongeladen und machen verdammt viel Spaß. Überall gibt es Explosionen, die Waffen laufen heiß und die Schadenszahlen der Gegner überfluten den gesamten Bildschirm. Auch wenn es kaum eine große Herausforderung für uns gibt, ist es jedes Mal aufs Neue eine große Freude, sich in ein Gefecht zu stürzen. Begünstigt wird dies vor allem durch die Möglichkeit, durch die Spielwelt zu fliegen. Und wenn man dann noch die einzelnen Javelin-Kampfanzüge ausprobiert, ist sogar eine Abwechslung gegeben.
Unter diesen Umständen kann man beinah vernachlässigen, dass uns der Koop-Shooter keine große Vielfalt bei den Gegnern liefert. Zum erfreulichen Herumgeballer reichen sie aber allemal. Besonders gut wird es aber erst, wenn man mit drei weiteren Spielern unterwegs ist. Durch eine geschickte Kombination unterschiedlicher Fähigkeiten entsteht ein regelrechtes Feuerwerk an imposant aussehenden Angriffen, die nebenbei auch ordentlich Schaden austeilen.
Bedauerlicherweise gibt es auch hier eine Schattenseite. Trotz offener Spielwelt scheint es BioWare für notwendig zu halten, uns nach jedem Auftrag zurück in das Fort Tarsis zu schicken. Wer also einfach durch die Spielwelt laufen und gegen verschiedene Feinde antreten möchte, wird mit diesem Spiel derzeit nicht auf seine Kosten kommen. Und so sinkt der Adrenalinpegel nach einem actionreichen Gefecht sehr schnell wieder ab. Aufgrund langer Ladezeiten besteht sogar die Gefahr, dass die Begeisterung in Frust übergehen kann. Wir verstehen nicht, was sich die Entwickler hierbei gedacht haben. Spielerfreundlich ist das System unter dem Strich auf keinen Fall.
Die technische Seite
Wie zuvor angedeutet, ist die Spielwelt von Anthem sehr ansehnlich und auch im Allgemeinen kann der Titel mit einer gelungenen Optik punkten. Vor allem die zahlreichen Effekte in den Gefechten können überzeugen. Äußerst positiv ist zudem, dass die Kämpfe sehr flüssig laufen – vor allem wenn man berücksichtigt, wie viel stellenweise gleichzeitig passiert, ist dies beinah beeindruckend. Wenn man im Fort Tarsis unterwegs ist, kann man sich über gelungene Gesichtsanimationen freuen und die Zwischensequenzen sind zwar selten, dafür aber umso beeindruckender gestaltet.
Leider gibt es bei der Technik erneut Schattenseiten. So sind die bereits angesprochenen Ladezeit viel zu lang. Zwar haben die Entwickler in dieser Hinsicht durch Updates nachgeholfen, ein idealer Zustand ist aber noch lange nicht erreicht. Zusätzlich muss man sich derzeit auf zahlreiche Bugs und technische Probleme einstellen. Es kommt nicht selten vor, dass eine Fehlermeldung auftaucht und das gesamte Spiel abstürzt. Wir haben nicht einmal eine bestimmte Ursache dafür entdeckt. Die Abstürze scheinen überall auftreten zu können. Besonders gefährlich ist ein Problem, dass die PS4 schädigen kann. Die Verantwortlichen zwar mittlerweile eine Lösung veröffentlicht, derartige Komplikationen sollten aber nicht auftreten.
Glücklicherweise läuft der Sound rund. Die Gespräche sind gut vertont und die einzelnen Soundeffekte können überzeugen. Trotz zahlreicher Bugs hatten wir in diesem Bereich keine Probleme. Mit Ärgernissen wie beispielsweise ein fehlender Ton wurden wir während der gesamten Testphase nicht konfrontiert. In dieser Hinsicht funktioniert Anthem.
Fazit
Anthem sieht auf den ersten Blick sehr gut aus. Sowohl die Grafik als auch der Sound können überzeugen, die Kämpfe sind actionreich sowie imposant inszeniert und ausreichend Loot gibt es ebenfalls zu sammeln. Wer sich jedoch über einen längeren Zeitraum mit den Titel beschäftigt, wird schnell auf zahlreiche Mängel aufmerksam. Die erzählte Story ist keineswegs elegant inszeniert und wird daher schnell belanglos. Zu schlichte Nebenaufträge können sehr nervig sein und dass wir nach jeder Mission zurück ins Hauptquartier kehren müssen, ist alles andere als spielerfreundlich. Hinzu kommt die Tatsache, dass der End-Game-Loot viel zu spartanisch ist und bei Weitem nicht ausreicht, um den Spieler langfristig zu motivieren, Anthem zu starten. Abgerundet wird die Angelegenheit durch zahlreiche Bugs und technische Probleme.
Zusammenfassend lohnt sich die Reise in die Welt des neuesten Projektes aus dem Hause BioWare nicht. Man sollte sich auf keinen Fall davon blenden lassen, dass der Titel derzeit in vielen Charts ganz weit oben ist. Das zeigt vielmehr, dass sich viele Spieler auf Anthem gefreut haben. Wir empfehlen euch im Moment, einfach abzuwarten. Mit ein bisschen Glück schaffen es die Verantwortlichen, nachzubessern und mehr Inhalte zu liefern. Sollte dies der Fall sein, könnte man bei einer Rabattaktion durchaus zuschlagen.