Wenn die Welt untergeht, dann bitte mit einer guten Tasse Tee.
So oder so ähnlich fühlt sich *Atomfall* an – ein postapokalyptisches Abenteuer, das uns mitten in ein alternates Großbritannien der 60er Jahre wirft, wo Nebel, schrullige Eigenheiten und nukleare Katastrophen aufeinandertreffen. Rebellion wagt mit diesem Spiel den Spagat zwischen Retro-Charme, Survival-Spannung und britischem Folk-Horror. Ob das gelingt? Wir haben *Atomfall* auf der PS5 getestet – und wurden gleichzeitig begeistert, überrascht und auch ein klein wenig frustriert.
Ein einzigartiges Szenario – charmant kaputt
Das Setting ist zweifellos der Star. Anstatt uns durch öde Wüstenlandschaften zu hetzen, wirft uns *Atomfall* in eine strahlengeschädigte, aber immer noch grün blühende britische Landschaft – irgendwo zwischen Schafweiden, heidnischen Altären und heruntergekommenen Bunkern. Die Welt ist nicht nur wunderschön designt, sondern steckt voller Details, liebevoller Referenzen und einer Prise typisch britischem Wahnsinn. Die Idee: Was wäre, wenn der Reaktorunfall von Windscale aus den Fünfzigern nicht nur vertuscht, sondern komplett aus dem Ruder gelaufen wäre?
Die Atmosphäre? Dicht. Manchmal gruselig, manchmal skurril. Wenn man durch verlassene Dörfer streift und auf sektenartige Bewohner oder mutierte Wildschweine trifft, hat das durchaus was von einem spielbaren Horrorfilm mit Indie-Charme.
Gameplay – zwischen Entdeckung, Eskalation und Experiment
Spielerisch setzt *Atomfall* auf eine Mischung aus Erkundung, Survival-Elementen, leichten RPG-Ansätzen und knallharten Entscheidungen. Es gibt kein hektisches Dauergeballer – wer überleben will, muss clever vorgehen. Ressourcen sind knapp, Munition noch knapper. Statt alles in Schutt und Asche zu legen, lohnt es sich, die Umgebung zu scannen, Gespräche zu führen und – ja – auch mal einfach davonzuschleichen.
Die Kämpfe fühlen sich solide an, auch wenn das Treffer-Feedback manchmal etwas schwammig ausfällt. Nahkampf ist riskant, Schusswaffen sind oft laut – und Lärm zieht Gegner an. Klassisches „Ich-speichere-vor-jedem-Schritt“-Gameplay eben. Wer Geduld mitbringt und taktisch spielt, wird belohnt. Wer reinrennt, kriegt’s mit der vollen Strahlungspackung.
Charaktere & Story – mehr als nur Fallout auf Englisch
Die Story entfaltet sich angenehm langsam, lässt uns Raum zum Erkunden und Nachdenken. Die Figuren, denen wir begegnen, sind keine eindimensionalen Klischees, sondern wirken lebendig – mal tragisch, mal irre, mal einfach nur … britisch. Was *Atomfall* gut hinbekommt, ist die Balance zwischen Drama und Ironie. Die Hintergrundgeschichte um geheime Regierungsprojekte, Reaktorverschwörungen und okkulte Kulte entfaltet sich Stück für Stück – und lädt zum Miträtseln ein.
Technik auf der PS5 – hübsch, aber nicht makellos
Grafisch macht *Atomfall* eine gute Figur, vor allem, wenn man auf stimmungsvolle Lichtstimmungen und abwechslungsreiche Umgebungen steht. Die Texturen sind scharf, die Beleuchtung stimmungsvoll und das Art-Design wirklich gelungen. Aber: Es gibt auch Schattenseiten. In manchen Bereichen kommt es zu flackernden Elementen oder kleinen Pop-ins. Nichts Spielzerstörendes, aber man merkt, dass hier kein AAA-Budget am Werk war.
Dafür läuft das Spiel auf der PS5 angenehm flüssig. DLSS, Upscaling und saubere Ladezeiten sorgen für ein rundes Erlebnis. Die Musik? Unaufdringlich, atmosphärisch – auch wenn das eine oder andere Stück ruhig etwas mehr „Wumms“ hätte haben dürfen.
Fazit – ehrlicher Survival-Trip mit Stil
*Atomfall* ist kein Blockbuster, will es aber auch nicht sein. Es ist ein stilsicheres, ruhigeres Survival-Abenteuer, das mit Setting, Atmosphäre und cleverem Gameplay punktet – auch wenn es sich nicht immer perfekt spielt. Wer auf Endzeit, Taktik und schräge Geschichten steht, bekommt hier ein kleines Juwel geboten, das vor allem durch Herzblut überzeugt.