Mit Ghost Recon Breakpoint präsentiert uns Ubisoft einen brandneuen Taktik-Shooter, der an Ghost Recon Wildlands anknüpft und viele Neuerungen verspricht. Allerdings passen diese nicht immer zum Spiel. Ein Test der PS4 Version.
Als Ghost Recon Wildlands das Licht der Welt erblickte, erkannte man gute Ideen, an der Umsetzung mangelte es jedoch. Glücklicherweise ließen sich die Entwickler von Ubisoft dadurch nicht entmutigen und investierten viel Zeit in die kommenden Monate. Heraus kam ein deutlich besseres Spiel als zum Release. Nach der Ankündigung von Ghost Recon Breakpoint war die Vorfreude vieler Spieler entsprechend hoch. Allerdings haben die Verantwortlichen genau den gleichen Fehler erneut begangen. Unsere PS4-Review klärt euch auf.
Bevor wir uns in die Tiefen des Gameplays stürzen, blicken wir auf die Hintergrundgeschichte. Wir schlüpfen erneut in die Rolle eines US-amerikanischen Elitesoldatens, der zusammen mit weiteren erfahrenen Soldaten zu einer abgelegenen High-Tech-Insel fliegt. Der Grund ist ein verschwundenes Schiff der USA. Doch bevor irgendjemand überhaupt Erde unter den Füßen spürt, wird ein Helikopter nach dem anderen durch viele, kleine Drohnen vom Himmel geholt. Völlig auf uns allein gestellt, finden wir uns plötzlich auf der uns unbekannten Insel wieder. Selbstverständlich mangelt es dieser nicht an Feinden.
Recht schnell trifft man auf friedlich gesonnene Menschen, die ihre Hilfe anbieten. Von nun an beginnt eine Geschichte, die im Vergleich zum Vorgänger deutlich umfangreicher erzählt wird. Wir können uns auf zahlreiche Zwischensequenzen, informative Dialoge und viele kleine Geschichten abseits der Hauptstory einstellen. Somit gelingt es Ghost Recon Breakpoint uns zunächst ins kalte Wasser zu stürzen und anschließend immer mehr über das große Ganze zu verraten.
Große Freiheit
Von Beginn an steht die gesamte Karte zur Verfügung. Somit sind wir in der Lage, das Areal sofort frei zu erkunden. Des Weiteren bieten uns die Entwickler direkt zahlreiche Missionen an, die erledigt werden müssen. Tatsächlich ist die anfängliche Auswahl etwas zu umfangreich. Wir haben nämlich erst einige Nebenmissionen und Herausforderungen absolviert, bevor wir gemerkt haben, dass wir uns fernab der Hauptgeschichte bewegen. Das kann aber auch daran liegen, dass uns Ghost Recon Breakpoint zu Beginn mit zahlreichen Neuerungen überschlägt und alles immer ein Tutorial hat. Zwar besteht dieses nur aus ein paar Bildern und Texten, wirklich überspringen kann man diese aber nicht. Und so verliert man schnell den Überblick.
Ist diese erste Phase allerdings überwunden, entfalten der Taktik-Shooter schnell seine Stärken. Allein oder zusammen mit bis zu drei weiteren Spieler können wir allerhand Unsinn in der Welt anstellen, die Ubisoft wieder wunderschön inszeniert hat. Es gibt zahlreiche, unterschiedliche Bereiche und mehrere Fortbewegungsmittel. Da man uns nicht an die Hand nimmt und die Hauptgeschichte aufzwingt, kann man sich zunächst darum kümmern, nützliche Ausrüstung für sich und sein Team zusammenzusammeln. Auch wir haben es uns vorgenommen, zunächst einen guten Look zu garantieren. Immerhin möchte man doch wie ein Elitesoldat aussehen.
Apropos Aussehen. Der Charaktereditor kam uns doch sehr seltsam vor. Ist es normalerweise möglich, einen Charakter jeglicher, ethnischer Herkunft zu erstellen, fühlten wir uns in Ghost Recon Breakpoint doch etwas eingeschränkt. In The Division 2 haben wir innerhalb weniger Sekunden eine asiatisch aussehende Frau erstellt. Im neuesten Spiel der Franzosen waren die meisten vorgegeben Elemente darauf ausgelegt, eine Frau oder einen Mann mit schwarzer Hautfarbe zu kreieren.
Loot in einem Taktik-Shooter?
Bereits im Vorgänger war es möglich, neue Waffen und Aufsätze zu finden. Auch kosmetische Items gab es in Hülle und Fülle. Doch Ghost Recon Breakpoint scheint mehr als ein Taktik-Shooter sein zu wollen. Wir werden regelrecht erschlagen von Gegenständen, die wir sammeln können. Und genau jetzt beginnt die anfänglich gelungene Fassade des Spieles zu bröckeln. Beispielsweise besitzen die Waffen verschiedene Level, sodass sich gleiche Scharfschützengewehre voneinander unterscheiden. Was in Spielen wie The Division 2 oder Borderlands 3 durchaus Sinn ergibt, ist hier komplett sinnlos. Die Entwickler blieben nämlich ihrer Zielgruppe treu und haben erneut ein realistisches Setting erstellt. Folglich stirbt ein Gegner bei einem Kopfschuss. Die unterschiedlichen Level der Waffen sind somit hinfällig. Auch ein Aufwerten von Ausrüstung durch regelmäßiges Spielen sorgt zwar für das Gefühl, in gewisser Hinsicht belohnt zu werden, wirklich notwendig ist aber auch dieses Feature nicht. Es hat kaum einen Einfluss auf das Gameplay.
Da es viel Loot gibt, schleppt man folglich allerhand mit sich herum. Daran haben die Entwickler jedoch gedacht und uns eine sehr große Rucksackkapazität spendiert. Leider hat man aber nicht alles durchdacht. Wer viel einsammelt, möchte auch viel verkaufen. Und genau das gestaltet sich sehr umständlich. Warum ist es nicht möglich, mehrere Gegenstände gleichzeitig zu verkaufen? Warum ist ein Vergleichen beim Kauf neuer Gegenstände nicht so eindeutig? Ein Besuch im Shop fühlt sich selten angenehm an. Vielmehr ist es stets eine Sache, die immer wieder sein muss. Begeisterung sieht eindeutig anders aus.
Weitere, unnötige Elemente
Bereits nach einigen Stunden merkt man sehr gut, dass die Entwickler versucht haben, die Spielzeit von Ghost Recon Breakpoint in die Länge zu ziehen. Man wollte unbedingt massenhaft Elemente des Games as a Service Ansatzes einbauen. Leider passen diese meist nicht zum Kern der Marke oder sind nur halbherzig umgesetzt. Es gibt extrem viel freizuschalten, eine Art Battle Pass, tägliche Missionen, jeden Fraktion besitzt ebenfalls bestimmte Missionen und so weiter. Extrem überflüssig sind verschiedene Survival-Mechaniken. Das Sammeln von Ressourcen und Herstellen von Spritzen ist nämlich nicht nötig, da wir ohnehin genug Spritzen in der Spielwelt finden.
In Wildlands war es schon gelegentlich nervig, von einem Ort zum anderen zu reisen, um ein spezielles Item zu holen, im neuesten Spiel legen die Entwickler aber eine deutliche Schippe obendrauf. Man merkt sehr gut, dass die Verantwortlichen Games as a Service als ein unabdingbares Element angesehen haben. Anstatt aber ein gezielt darauf ausgelegtes Spiel zu entwickeln, hat man eine bestehende Marke genommen, um die dazugehörige Zielgruppe mitnehmen zu können. Dass dieser Plan aber nur bedingt vorteilhaft ist, zeigt Ghost Recon Breakpoint.
Die Idee bleibt aber erstklassig!
Im Kern bleibt Ghost Recon Breakpoint allerdings ein gelungener Taktik-Shooter, der sein Potenzial vor allem dann entfaltet, wenn man mit drei weiteren Freunden spielt. Gemeinsam befinden man sich hinter feindlichen Linien und versucht, ein feindliches Lager still und heimlich von Gegnern zu säubern. Wie im Vorgänger stehen für solche Vorhaben wieder unzählige Möglichkeiten und Ansätze zur Verfügung. Hinzu gesellen sich allerhand, meist kleinere Neuerungen. Mit dem richtigen Skill kann man Zäune aufschneiden, Leichen lassen sich wegtragen und ab sofort ist es möglich, sich im Matsch, Sand, Schnee etc. teilweise einzugraben, um besser getarnt zu sein. Diese Neuerungen passen nicht nur perfekt ins Gameplay, sie funktionieren auch einwandfrei.
Wählt man obendrein einen hohen Schwierigkeitsgrad, kann eine spannende Herausforderung sowie Atmosphäre entstehen. Insbesondere die abwechslungsreich gestaltete Spielwelt trägt ihren Teil dazu bei. Beispielsweise schleicht man sich durch einen dichten Wald und hat immer im Hinterkopf, das jeden Moment eine Patrouille auftauchen könnte. In diesem Fall werden entweder die Gegner oder die Spieler überrascht. Aufgrund der angesprochenen Freiheit ist es aber ebenfalls möglich, mit einem Panzerfahrzeug durch die Gegend zu fahren und auf alles zu schießen.
Statt Koop lieber PvP?
Die Spieler können sich erneut auf den sogenannten Ghost War Modus freuen. In diesem kämpfen zwei Teams bestehend aus vier Spielern gegeneinander. Aufgrund großer Karten und einem meist eingeschränkten Sichtfeld ist die gesamte Angelegenheit ebenfalls sehr taktisch. Rennt man nur durch die Gegend, ist man schnell erledigt. Ein Absprache innerhalb des Teams ist demnach extrem entscheidend. Das macht den Ghost War Modus zwar extrem interessant, sorgt aber auch für viele Camper. Ein Fakt, der nicht jedem Spieler gefallen wird. Um für Abhilfe zu sorgen, haben sich die Entwickler beim Battle Royale inspirieren lassen und eine immer kleiner werdende Zone eingebaut. Dieses Element passt definitiv, kommt aber meist zu spät zum Einsatz. Somit kann der Anfang aufgrund des Campings schnell langweilig sein.
Die Technik
Optisch macht der Taktik-Shooter eine gute Figur. Vor allem die Spielwelt ist wunderschön inszeniert und profitiert von stimmigen Wettereffekten. Da sie aber sehr leblos ist, hinterlässt die Welt eher gemischte Gefühle. Das trifft ebenfalls für die Performance zu. Immer wieder kommt es zu Bugs, Animationen wirken stellenweise komisch und gelegentlich gibt es längere Wartezeiten. Ghost Recon Breakpoint wird dadurch zwar nicht unspielbar, eine herausragende Leistung sieht aber definitiv anders aus. Glücklicherweise sieht es auf der Seite der Soundeffekte besser aus. Wer sich das ca. ein Gigabyte große Sprachpaket herunterlädt, kommt in den Genuss einer gelungenen deutschen Synchronisation. Zudem verfügt der Taktik-Shooter über wuchtige Waffensounds, die für eine schöne Atmosphäre während der Gefechte sorgt.
Fazit
Ghost Recon Breakpoint hat viel Potenzial, verschenkt letztendlich aber viel davon. Auf der einen Seite gibt es sinnvolle Neuerungen, die ein taktisches Vorgehen begünstigen und belohnen. Auch die Spielwelt kann sich sehen lassen und die Geschichte ist deutlich besser inszeniert als beim Vorgänger. Auf der anderen Seite ist das Spiel überladen mit lieblosen Games as a Service Elementen, die oftmals nicht zur Grundidee passen. Hinzu gesellen sich technische Probleme. Daher ist das Spiel aktuell nur für Spieler interessant, die mit ihren Freunden ein Vier-Mann-Team zusammenstellen können und allgemein Spaß an einer taktischen Vorgehensweise finden. Alle anderen raten wir derzeit vom Kauf ab. Mit ein bisschen Glück lohnt es sich aber 2020 erneut vorbeizuschauen. Immerhin hat der Vorgänger bereits gezeigt, wie eine gelungene Entwicklung nach der Veröffentlichung funktionieren kann.