Ubisoft wurde zum Release von The Division den zuvor versprochenen Möglichkeiten nicht gerecht, hat mit der Zeit aber zahlreiche Verbesserungen und letztendlich ein hervorragendes Spiel geliefert. Das innerhalb dieses Prozesses gesammelte Wissen haben die Entwickler genutzt, um mit The Division 2 ein ebenfalls gelungenes Spiel zu kreieren. Warum das so ist, verraten wir in unserem Test.
The Division 2 ist wie sein Vorgänger ein Online-Actionshooter-Rollenspiel. Ein keineswegs leichter Name, weshalb wir die Bezeichnung Loot-Shooter deutlich angenehmer finden. Obwohl solch ein Titel nicht zwangsläufig eine kinoreife Geschichte, sondern vielmehr massenhaft Loot braucht, hat Anthem gezeigt, dass man in diesem Bereich dennoch viel verkehrt machen kann. Glücklicherweise hat Ubisoft deutlich von den Ereignissen und Gegebenheiten rund um The Division gelernt und mit dem neuesten Ableger ein von Beginn an überzeugendes Ergebnis abgeliefert. Doch beginnen wir diesen Test zuvor mit einem Punkt, der nicht aus der Masse hervorstechen kann.
Die Geschichte von The Division 2 ist nämlich sehr oberflächlich und letztendlich sogar recht belanglos. Wir schlüpfen erneut in die Rolle eines Agenten der Strategic Homeland Division und versuchen diesmal in Washington D.C. für Ordnung zu sorgen. Nach wie vor sind die USA nach dem Ausbruch der aggressiven Grippe am Boden und es herrscht Anarchie. Im Verlauf der Geschichte treffen wir immer wieder auf verschiedene Charaktere, die unter anderem kleinere Gruppen von Überlebenden anführen und versuchen, deren Überleben zu gewährleisten. Leider fällt die Charakterentwicklung sehr beschaulich aus, sodass keine wirkliche Bindung entsteht. Im Endeffekt dient die von den Entwickler konzipierte Geschichte lediglich als ein Grundgerüst, das uns einen handfesten Anlass gibt, durch Washington zu laufen.
Eine zauberhafte Welt
Völlig egal, ob wir einer Mission nachgehen oder einfach nur durch die Gegend wandern, die Spielwelt kann stets überzeugen. Den Entwicklern von Massiv Entertainment ist es erneut gelungen, eine realitätsnahe Umgebung nach dem Vorbild von Washington D.C. zu erschaffen. Man könnte sogar eine kleine Sightseeing-Tour der besonderen Art unternehmen. Dann müsste man sich allerdings darauf einstellen, dass überall Müll, herrenlose Hunde sowie Wildtiere und natürlich verlassene Autos zu finden sind. Die Zivilisation ist nun einmal zusammengebrochen und das kauft man The Division 2 auch ab. Lobenswert ist zudem, dass es überall kleinere Details gibt und die Entwickler auch einige Geheimnisse beziehungsweise Rätsel eingebaut haben. Wer also aufmerksam die Spielwelt erkundet, wird belohnt.
Nahezu begeistert sind wir von den Museen, in die es uns gelegentlich verschlägt. Wir ballern hier nämlich nicht nur Gegner über den Haufen, sondern können uns nebenbei auch weiterbilden. Ein Beispiel: die im American History Museum vorzufindende Ausstellung zum Vietnam Krieg enthält echte Informationen. Man kann also kurz stehenbleiben und etwas über den Krieg lernen, der von etwa 1955 bis 1975 in und um Vietnam geführt wurde. Das hat natürlich keinen Einfluss auf die Story oder das Gameplay, allerdings sorgen solche Details dafür, dass sich die Spielwelt realistisch anfühlt.
Verdammt, ihr seid plötzlich schlau!
Wenn wir durch Washington ziehen und versuchen, für Ordnung zu sorgen, treffen wir innerhalb kürzester Zeit auf Gegner. Und genau jetzt beginnt die eigentliche Action. Wer den Vorgänger gespielt hat, merkt schnell, dass die Gegner in The Divison 2 deutlich intelligenter agieren. Bei einem Überraschungsangriff schwärmen sie aus und suchen sich an unterschiedlichen Positionen nach einer brauchbaren Deckung. Danach kommt es häufig vor, dass einzelne Widersacher euch flankieren. Wer die Gesamtsituation nicht im Auge behält, kann also schnell überrascht werden. Apropos überrascht werden: Uns ist es häufiger passiert, dass wir wortwörtlich in eine feindliche Patrouille gerannt sind, somit deutlich von ihr überrascht wurden und aufgrund der angesprochenen Intelligenz schnell den Tod fanden. Das zeigt eigentlich sehr gut, dass die Gegner in The Division 2 gelungen sind.
Nach wie vor muss man sich aber darauf einstellen, dass beispielsweise ein Kopfschuss nicht automatisch einen virtuellen Tod hervorruft. Insbesondere bei Endgegnern sollte man mehrere Magazine einplanen, bis sie das Zeitliche segnen. Zum Glück stehen wir aber nicht einfach in der Welt herum und ballern einige Minuten stupide in eine Richtung. Die Kämpfe fühlen sich im Großen und Ganzen angenehm sowie gleichzeitig dynamisch an und sind im Vergleich zum Vorgänger auch besser.
Je weiter man in der Spielwelt vorankommt, desto höher ist auch der Level der Gegner, sodass sie stärker werden. Es ist für uns also unabdingbar, dass wir selbst stets bemüht sind, unsere Ausrüstung zu verbessern und unsere Gadgets hochzuleveln. Das bringt uns zum Thema Loot.
Nicht wie Borderlands, geht aber in diese Richtung
Ein Loot-Shooter ohne Loot wäre einfach sinnlos und genau aus diesem Grund haben die verantwortlichen Entwickler massenhaft Loot in The Division 2 geworfen. Nach jedem größeren Kampf bekommt man neue Spielzeuge spendiert und muss im Inventar zunächst überprüfen, welche Waffe nun die bessere ist. Dabei kann man sich unter anderem auf bekannte Modelle freuen. Mit dabei ist beispielsweise das G36, das zum Glück keine Probleme mit seiner Zielgenauigkeit hat. Diejenigen Spieler, die allein durch die Welt ziehen, haben bei der Vielzahl an Waffen jedoch ein Problem. Man kann lediglich eine Pistole sowie zwei weitere Waffen mitnehmen. Ein Sturmgewehr ist eine gute Sache, doch was packt man in den zweiten Slot? Ein Scharfschützengewehr für einen präzisen Fernkampf ergibt durchaus Sinn. Eine Schrotflinte oder eine Maschinenpistole für den Nahkampf ist aber ebenfalls nützlich. Man muss also stets abwägen, welche Waffengattung den größten Vorteil bringen kann.
Diese Vielfalt begünstigt insbesondere das Teamplay. Eingespielte Teams, bestehend aus vier Spielern, können sich somit nämlich optimal aufeinander abstimmen, was den Spielspaß ordentlich nach oben treibt. The Division 2 bietet uns aber nicht nur zahlreiche Waffen, sondern auch unzählige Ausrüstungsgegenstände, die ebenfalls über unterschiedliche Werte verfügen. Ein ausführliches Vergleichen ist somit auch hier notwendig. Spannend wird die Angelegenheit durch besondere Boni. Manche Items gehören nämlich einer bestimmten Marke an und wenn man drei Gegenstände dieser Marke ausrüstet, bekommt man einen Bonus.
Abgerundet wird der Loot durch verschiedene Skills und damit verbundene Gadgets, die sich ansatzweise auf die Waffenwahl auswirken. Mit dem Schild kann man beispielsweise die Aufmerksamkeit auf sich lenken und gleichzeitig schnell vorrücken. Wenn man danach eine Schrotflinte griffbereit hat, ist das extrem hilfreich. Die insgesamt acht verschiedene Gadgets verfügen darüber hinaus über verschiedene Modifikationen. Das automatische Geschütz kann zum Beispiel Dauerfeuer ausführen oder eher präzise wie ein Scharfschützengewehr feuern. Somit begünstigen die Entwickler die Möglichkeit, einige Experimente anzustellen und effiziente Kombinationen zu finden.
Nur ansatzweise eintönige Missionen
Die Missionen in The Division 2 ähneln sich häufig. Wir gehen zu einem bestimmten Punkt, ballern die Gegner über den Haufen, finden das Ziel und ballern erneut Gegner über den Haufen. Hinzu kommen aber allerhand Nebenaktivitäten wie das Einnehmen von Stützpunkten, was nicht an die gute, alte Ubisoft-Formel erinnert. Darüber hinaus muss man regelmäßig bestimmte Gegenstände sammeln und sich um spezielle Spenden kümmern, um einen Rückzugsort von Überlebenden auszubauen. Auf diese Weise wird man nicht nur durch bessere Ausrüstung belohnt, man erkennt zudem einen Fortschritt innerhalb der Spielwelt. Somit entsteht ein positives Gefühl, das vor allem motiviert.
Besonders lobenswert: die Missionen passen sich der Gruppenstärke an. Man ist also problemlos in der Lage, die gesamte Story allein in Angriff zu nehmen oder lediglich mit einem Freund. Und selbst wenn man drei weitere Mitstreiter unterwegs ist, kommt man auf seine Kosten. Per Schnellreise kann man nach einem Tod und misslungener Wiederbelebung übrigens problemlos zurück zu seinem Team reisen. Das macht The Division 2 unter dem Stricht extrem spielerfreundlich.
Sobald die Kampagne abgeschlossen ist, tritt plötzlich eine neue Fraktion in die Spielwelt ein. Bezogen auf die Story kann der Neuzugang zwar nicht hervorstechen, dafür bieten uns die Entwickler aber eine gelungene PvE-Beschäftigung. Immerhin beginnt die Rückeroberung von Washington D.C. im Grunde von Vorne, was aber keineswegs deprimierend ist. Da lässt sich beinah vernachlässigen, dass man hierfür bereits bekannte Missionsstrukturen recycelt.
Dark Zone – Gewohnt prickelnd
Wer irgendwann gelangweilt von der PvE-Welt ist, kann sich in die Dark Zone wagen. Hier tritt man, wie aus dem Vorgänger bekannt, zwar ebenfalls gegen computergesteuerte Gegner an, wird aber auch mit oftmals feindseligen Spielern konfrontiert. Die einzelnen Zonen, von denen es insgesamt drei gibt, fallen kleiner, aber gleichzeitig abwechslungsreicher aus als in The Division. Neben den kontaminierten Loot, den man mittels Hubschrauber aus der Dark Zone schaffen muss, gibt es diesmal auch normalen Loot. Dieser ist sofort nutzbar und kann nicht verloren gehen. Dadurch geht der Reiz der PvP-Aktionen geringfügig verloren, sie sind aber nach wie vor spannend. Alles in allem handelt es sich um einen guten Kompromiss, zu frustrierende Situationen zu verhindern.
Abseits der Dark Zone können sich die Spieler ebenfalls über die Modi Team-Deathmatch oder Domination freuen. Um eine faire Grundsituation zu gewährleisten, wird die Ausrüstung angepasst, sodass alle Mitglieder halbwegs die gleichen Bedingungen haben. Somit spielen die persönlichen Fähigkeiten eine große Rolle, wenn man versucht einen Sieg zu erringen.
Die Technik
Bleibt abschließend zu klären, was uns die technische Seite von The Division 2 bieten kann. Bereits zum Release verfügt der Loot-Shooter nur selten über Bugs oder sonstiges Fehler. Auch die KI hat kaum spürbare Aussetzer. Man kann sich vielmehr auf ein gelungenes Wetter- und Tageszeitensystem sowie auf stimmige Lichteffekte freuen.
Auch soundtechnisch läuft alles rund. Die Waffen haben authentische Geräusche und untermalen die feuerstarken Gefechte. Die allgemeine Soundkulisse begünstigt die Nach-dem-Zusammenbruch-Stimmung und die deutsche Synchronisation erfüllt ebenfalls ihren Zweck. Alles in allem sind wir mit der Technik von The Division 2 zufrieden.
Fazit
Wir haben uns sehr auf The Division 2 gefreut und Ubisoft hat uns nicht enttäuscht. Der Titel bietet massenhaft Loot und ist sowohl für Einzelgänger als auch für eingespielte Teams geeignet. Die Spielwelt verfügt über zahlreiche Details, ist vollgepackt mit Geheimnissen und sieht obendrein hervorragend aus. Und auch beim Thema Endgame haben sich die Entwickler viele Gedanken gemacht. Man ist nicht innerhalb kürzester Zeit an einem Punkt angelangt, wo die Motivation fehlt. Spieler können unzählige Stunden in The Division 2 investieren und bereits Anfang April folgen neue, herausfordernde Inhalte. Ansatzweise negativ ist unter dem Strich lediglich die Geschichte. Sie ist weder spannend noch wirklich fesselnd. Sie ist nur ein schlichtes Grundgerüst. Ansonsten können wir euch The Division 2 aber empfehlen. Wer auf Loot-Shooter steht, kommt auf seine Kosten!
Ist wohl mein Game of the Year